Piemont Monte Jafferau
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In den Italienischen Westalpen

Die Italienischen Westalpen zu besuchen, um offroad die berühmten Militärstraßen zu befahren, hatte ich zusammen mit meinem Freund schon länger geplant. In Offroad-Kreisen ist es ja fast schon ein „Muss“, dort gewesen zu sein. Wir hatten alle erforderliche Literatur gelesen, Karten studiert, Videos angesehen und sogar schon CB-Funkgeräte installiert (wir wollten mit zwei Autos fahren). Aber leider war immer etwas dazwischen gekommen.
Nun aber, im Aug/Sep 2024, sollte es endlich los gehen.

Anreise

Auch der Weg sollte das Ziel sein. Deshalb sind wir mautfrei angereist, was natürlich länger gedauert hat (wir mussten zwischendurch übernachten). Aber dafür haben wir auch etwas mehr vom Land und den Leuten gesehen.
Der übliche Ausgangsort für die Expeditionen in die italienische Bergwelt der Westalpen ist der Ort Salbertrand, und dort der CP Gran Bosco. Allerdings hatte uns ein Bekannter aus der Community Camping und Freistehen empfohlen auf den französischen CP in Névache zu ziehen, was wir getan haben und nicht bereut haben. Den geringen zusätzlichen Anmarschweg über den Col de l´Échelle nach Bardonécchia haben wir in Kauf genommen.

Die Karte ist ein Ausschnitt aus der Michelin 527 Regional France von 2022 und die Nummern neben den Routen sind gleichlautend mit den Nummern der Tracks im „Denzel
Das Blatt zeigt den nördlichen Raum der Reiseziele

Campingplatz in Nevache

Der CP in Névache, de la Lame, liegt lauschig am Fluß, ist nicht parzelliert (ist fast wie freistehen), verfügt über alles notwendige, wird gegen 09:00 von der Bäckersfrau angefahren und ist absolut günstig (1 Auto, 1 Person, 1 Nacht 9 €)

Colle delle Finestre 2178

Nach dem Einrichten auf dem CP stand am nächsten Tag der Colle delle Finestre, Route 363, auf dem Programm. Keine komplizierte Angelegenheit, aber wir wollten nicht gleich mit dem Schwierigsten beginnen. Der Pass ist auch berühmt aus dem Giro d´Italia. Das mag dazu geführt haben, dass die Passhöhe überfüllt war mit Besuchern und ihren Autos. Vielleicht lag es auch am guten Wetter und bestimmt auch am Wochenende. Überhaupt am Wochenende waren alle schönen Plätze belegt. Und Rennradfahrer / Mountainbiker sind immer auf den italienischen Passstraßen unterwegs. Überall, auch auf den höchsten Pässen. Bewundernswert.
Auf der Passhöhe trafen wir zum ersten mal auf die Relikte, derentwegen ein Befahren der Berge im Umkreis überhaupt möglich ist: ehemalige militärische Befestigungen aus der Zeit zwischen 1876 und 1940. Viele der kleinen Strassen sind ehemalige Militärstraßen zur Verbindung der Fortificationen und werden mehr oder weniger instand gehalten.

Italienische Westalpen Colle delle Finestre
Italienische Westalpen Fort am Colle delle Finestre

Colle Sommeiller 3009

Der Colle Sommeiller ist ein Highlight in den Italienischen Westalpen, aber kein einfach zu befahrenes. Der höchste, legal mit einem KFz erreichbare Platz in den Alpen. Und ausnahmsweise kein ehem. Militärsträßchen, sondern eine ca. 30 km lange Zufahrt zu einem ehemaligen Hotel am Sommeiller-Gletscher, Route 358. Das Hotel, Refugio d’Ambin, fiel Mitte der 60er einer Lawine zum Opfer und wurde danach nicht wieder aufgebaut. D. h. die Zufahrt wird auch nur noch rudimentär in Stand gehalten. Demzufolge ist die Auffahrt über die 47 Kehren streckenweise etwas ruppig. Vierradantrieb ist wohl nicht unbedingt erforderlich, einige haben es auch ohne herauf geschafft, aber auf jeden Fall hilfreich an steilen Passagen mit losem Geröll.

Italienische Westalpen Sommeiller
Italienische Westalpen Sommeiler
Piemont Sommeiller

Vom Gletscher ist auch nicht mehr viel übrig. Wie es noch vor dem Lawinenunglück aussah, konnten wir in der Schutzhütte, in einer kleinen musealen Ecke anhand alter Aufnahmen betrachten. Damals fuhr ein VW-Bus T1 oder T2, oder sogar ein Käfer, problemlos auf einer geteerten Straße hier hoch. Heute ist das schon deutlich schwieriger. Und Wohnmobile sieht man hier oben nicht. Die dürften schon auf Grund ihrer Größe Probleme haben, durch die engen Haarnadelkurven zu kommen. Selbst mit meinem T4, kurzer Radstand, musste ich in einigen Kehren reversieren. Zum Unterhalt der Straße trägt die Maut bei, die jetzt kurz hinter Rochemolles erhoben wird. Wir waren mit je 8 € per Auto dabei. Des weiteren ist die Auffahrt von Mitte Juli bis Ende September an jedem Donnerstag gesperrt und ansonsten von 09:00 bis 17:00 befahrbar.

Italienische Alpen Sommeiller
Italienische Westalpen Sommeiler

Assietta-Kammstraße 2550

Neben dem Colle Sommeiller ist die Assietta-Kammstraße ein weiteres Highlight in den Italienischen Westalpen. Dieses ca 36 km lange Militärsträßchen, Route 366, verläuft auf ca 2400 bis 2500 m Höhe entlang des Kamms zwischen Susa- und Chisonetal und vermittelt eine Vielzahl traumhafter Ausblicke nach Norden und Süden. Leider hatte sich das Wetter in den vergangenen Tagen etwas verschlechtert und wir hatten uns mehrfach in Wolken bewegen müssen.

Italienische Westalpen Assietta
Italienische Westalpen

Auch auf der Assietta ist der Verkehr reglementiert. Die Straße ist jeden Mittwoch und Samstag im Juli und August von 09:00 bis 17:00 Uhr gesperrt.
Der militärische Ursprung dieses Straßennetzes wird durch die noch sichtbaren ehemaligen Forts, Befestigungen und Kasernen immer wieder deutlich. Prof. Werner Bätzig beschreibt in einem kurzen Artikel die Historie dazu. Und an einigen Stellen erinnern Denkmäler an die Schlachten, die hier geschlagen wurden.

Italienische Westalpen Assietta
Italienische Westalpen Assietta

Forte Pramand 2162 und Monte Jafferau 2801

Auch diese Tour, 356 und 357, gehört zum festen Programm der Offroad-Fahrer in den Italienischen Westalpen. Allerdings wurde das Wetter im laufe der Tage nicht besser und hat mich um einige schöne Fernsichten gebracht.

In den Italienischen Westalpen Forte Pramand

Das Fort Pramand liegt an der Piste zum Monte Jafferau und ist über eine kurze Stichstrasse zu erreichen. Ich bin den kurzen Weg zu Fuß gegangen, weil er als sehr schwierig beschrieben wurde. Vielleicht hätte ich es geschafft, aber ich wollte es nicht riskieren. Die Motorradfahrer sind natürlich bis auf das Dach gefahren …….

Auf dem weiteren Weg zum Monte Jafferau ist ein 850 m langer, gekrümmter Tunnel zu durchqueren, die Galleria del Seguret. Einspurig, ohne Beleuchtung, mit Sickerwasser und rutschige Stellen und mit der Gefahr sich lösenden Gesteins, ist die Durchfahrt schon ein Abenteuer.

In den Italienischen Westalpen Galerie del Seguret

Kurz nach dem Tunnel liegt eine weitere ehemalige Kasernenanlage am Weg, Caserna Grotte del Seguret. Von hier hat man einen schönen Blick auf Tunneleinfahrt und -ausfahrt der Galleria del Seguret.
Über den Col Basset, 2595, geht es dann zum Monte Jafferau, 2801.
Wie schon gesagt, war die Fernsicht leider weniger erfreulich. Zeitweise zog es so zu, dass ich nichts mehr sehen konnte.

In den Italienischen Westalpen
In den Italienischen Westalpen

Unterhalb des Forts, auf einem schmalen Platz zum Parken, ist es noch zum Stau der Autos gekommen. Lag zum einen daran, daß man vorher überlegen sollte, ob ein Dreiachser für die Strecke geeignet ist, wenn die eigenen fahrerischen Fähigkeiten limitiert sind. Und zum anderen ist die Straße nur am Mittwoch und Samstag geöffnet. Da schiebt sich dann halt was zusammen.

Hinunter vom Jafferau bin ich über die berühmt / berüchtigte „Skipiste“ gefahren. War nicht so schlimm wie befürchtet, aber feuchter / glitschiger hätte es auch nicht sein dürfen. Den Allradantrieb habe ich zum Schluss tatsächlich einmal benutzen müssen, weil eine kurze Steigung so rutschig und steil war, daß es ohne 4×4 nicht ging.

An diesem Tage ist dann auch mein Freund, leider aus gesundheitlichen Gründen, nach Hause gefahren.

Transfer über Col d´Izoard 2360 und Col d´Agnel 2746

Die weiteren geplanten Routen / Tracks lagen nun mehr südlich, so dass ich den schönen CP in Nevache aufgeben musste und via Col d´Izoard und Col d´Agnel in den südlicheren Teil des Piemont verlegt habe.

Col d´Izoard

Hochdauphine Izoard

Der Col d´Izoard im französischen Hochdauphiné gehört zu den berühmten Pässen der Westalpen, ist der dritthöchste Pass der Route des Grandes Alpes und fehlt selten im Kalender der Tour de France. Aus diesem Grunde ausreichend und mehrfach im Fernsehen bewundert, wollte ich doch endlich den Pass selbst real erleben. Allerdings habe ich in diesem Fall vier Räder gegenüber zweien bevorzugt. Leider hat es an diesem Tage die Nordrampe hoch geschüttet ohne Ende und das Wasser schoss schon quer über die Straße, so dass sich der Genuss in Grenzen hielt.

Während einer Pause, leicht unterhalb des Passes mit Blick nach Norden auf das Refuge Napoléon, fiel mir ein alter Reisebus ins Auge. Da um ihn herum Bewegung herrschte, hatte ich die Hoffnung der Bus würde sich auf den Weg machen. Und tatsächlich, nachdem der Tross von drei weiteren KFz abgefahren war, kroch das Schmuckstück bergaufwärts. Vermutlich im ersten Gang , im Schrittempo und ohne Servolenkung durch die Spitzkehren, ist das für den Busfahrer wohl anständige Arbeit gewesen. Später konnte ich feststellen, dass all dieses Filmaufnahmen gedient hat.

Hochdauphine Izoard
Hochdauphine Izoard
Col d´Izoard Historischer Bus Chausson
Col d´Izoard Historischer Bus Chausson


Eine bemerkenswerte Landschaft an der Südrampe unterhalb des Passes ist die Casse Déserte.
Der weitere Abstieg führt durch ausgedehnte Kiefernwälder und nach dem Château-Queyras geht es zur Auffahrt zum Col d´Agnel

Col d´Izoard Casse Déserte
Hochdauphine Col d´Izoard

Colle dell´Agnello

Über den Col d´Agnel / Colle dell´ Agnello, 2744, geht es von Frankreich aus in das italienische Varaita-Tal, und damit in den angestrebten südlicheren Teil des Piemont.

Piemont Sued

Die Karte ist ein Ausschnitt aus der Michelin 527 Regional France von 2022 und die Nummern neben den Routen sind gleichlautend mit den Nummern der Tracks im „Denzel

Das Blatt zeigt den südlichen Abschnitt der Reiseziele mit dem Varaita-, Maira- und Sturatal und den dazwischen liegenden Pässen und Militärsträßchen.

Der Colle dell´Agnello, 2744, Route 371, in den Cottischen Alpen zählt zu den höchsten Pässen im gesamten Alpenraum. Da an diesem Tage, Mitte der Woche und mit weniger schönem Wetter, die Straße wenig befahren war, konnte ich die Auffahrt geniessen. Interessant, wie sich die Vegetation verändert, bis man in die hochalpine Zone kommt. Zudem war es die letzten Tage deutlich kühler geworden und der erste Schnee hatte die Gipfel gepudert.

Piemont Colle dell´Agnello
Piemont Colle dell´Agnello

Auf der Abfahrt vom Agnello habe ich zahlreiche Murmeltiere gesehen. Und des öfteren liefen sie mir sogar vor das Auto.

Varaita-Maira-Kammstraße I

Im Varaita-Tal geht es ab Sampéyre auf den Colle di Sampéyre, Route 374. Auf dem Pass kreuzt die Varaita-Maira-Kammstraße, Route 375. Weil der ostwärtige Abschnitt dieser Kammstraße von hier bis zum Monte Birrone als sehr schwierig beschrieben ist, dachte ich daran den auszulassen. Aber ich hätte eh keine Chance gehabt; dieser Teil war wegen Instandsetzungsarbeiten gesperrt.
Also blieb mir zunächst von hier aus den westlichen Abschnitt bis zum Colle della Bicocca, 2285, zu befahren, auch wenn das eine 6 km lange Stichstraße ist.
Wie schon gesagt, das Wetter meinte es weniger gut mit mir und am Colle della Bicocca stand ich total in den Wolken.

Varaita-Maira Kammstraße

Kaum hatte ich beschlossen hier mein Nachtlager aufzuschlagen, erschien die Vorhut einer geführten Offrod-Gruppe und kündigte drei weitere Fahrzeuge an. Überrascht waren wir beide, dass hier am Ende der Straße so eine Bewegung herrscht. „Sonst ist hier keiner“ war die Aussage.
Aber es hat sich noch ein nettes Gespräch ergeben und ich durfte die vorzüglichen Tortellini kosten, von denen offensichtlich mehr als genug vorhanden waren. Die Gruppe wurde professionell geführt von www.offroadkangaroo.de

Am nächsten Morgen schien die Sonne, als wäre nichts gewesen und ich konnte mich endlich über eine schöne Aussicht freuen. Dieser Morgen gab mir das Gefühl, dass sich allein dafür schon alles gelohnt hat.

Varaita-Maira Kammstraße
Varaita-Maira-Kammstrße

An diesem Morgen, einem Freitag, wurde mir klar, dass die Maira-Stura-Kammstraße am Wochenende gesperrt ist. Da ich dafür nicht bis Montag warten wollte und das Wetter an diesem Tage schön zu bleiben versprach, war der Entschluss schnell gefasst : Heute die Maira-Stura.

Maira-Stura-Kammstraße

Diese Strecke war für mich die schönste. Angenehmes herbstliches Wetter, faszinierende Fernsichten, gute Straße und abwechslungsreiche und interessante Landschaft. Ein insgesamt wunderschöner Tag und ein weiterer Beweis, dass sich die Reise gelohnt hat.

Piemont Maira-Stura
Piemont Maira-Stura
Piemont Maira-Stura
Piemont Maira-Stura
Piemont Maira-Stura
Piemont Maira-Stura

Die Maira-Stura ist im eigentlichen Sinne nicht als Kammstraße wahrzunehmen. Wenn sie die Höhe um ca 2000 m erreicht hat, verläuft sie eher auf einer Hochebene bis ca 2400 m.

Am Ende der Tour in dem kleinen Städtchen Demonte im Stura-Tal, stand die Entscheidug an, wie weiter vorzugehen wäre. Interessant hätte ich gefunden die Ligurische-Grenzkammstraße Nord und Süd zu befahren, leider war meine Zeit dafür zu knapp. Aber der übrige Teil der Varaita-Maira-Kammstraße stand ja noch aus.
Also Kurs abgesetzt zum Santuario di Valmala und dort schon mal übernachtet.

Varaita-Maira-Kammstraße II

Zu befahren war an diesem Tage nur der Abschnitt von Santuario Valmala bis Colle Birrone. Der weitere Abschnitt bis Colle di Sampéyre war immer noch gesperrt wegen der Instandsetzungsarbeiten. Allerdings sind zwei Italiener mit Ihren Offroad-Autos am Colle Birrone an der Sperre vorbei gefahren. Unter dem Motto : am Samstag arbeitet hier doch keiner ……..

Piemont Varaita-Maira
Piemont Varaita-Maira

Für den Rückweg nach Hause war die ursprüngliche Absicht, über den Colle della Lombarda und den Cime de la Bonette auf die Route Grand Alpes einzubiegen, um dann in deren Zuge noch einige berühmte Alpen-Pässe mitzunehmen.

Rückreise

Auf dem Weg zum Colle della Lombarda wollte ich aber nochmal durch das Val Grana zum Colle dei Morti, 2481, auch als Colle Fauniera bezeichnet.

Piemont Val Grana
Piemont Colle dei Morti
Piemont Vallone dell´ Arma

Das Wetter wurde nicht besser. Und auf dem Weg abwärts vom Pass durch das Vallone dell´ Arma nach Demonte bin ich für die Nacht gleich hier oben geblieben. Immer besser, als im Tal nach einem Platz zu suchen. Das Bild ist aber am nächsten Morgen aufgenommen. Und im Hintergrund kriechen schon wieder die Wolken den Berg hoch. Es wurde weiterhin nicht besser.

Piemont Colle della Lombarda
Hochdauphine Cime de la Bonette

Aus meinem Notizbuch :
09:48 Vinadio, es schüttet
10:30 Colle della Lombarda, es schüttet
12:45 Cime de la Bonette, es schüttet und man sieht nix.

Unter diesen Umständen wollte ich mich dann nicht mehr via Route Grand Alpes zum Galibier hinaufquälen um dort auch nichts zu sehen. Der Entschluss war schnell gefasst : auf direktem Wege (aber mautfrei) nach Hause.
Nach einer Übernachtung in Secenans, westl Belfort, war ich dann am nächsten Tag wieder daheim.

Die Reise hat 12 Tage gedauert, incl. An- und Abreise, und es standen dafür 3122 km auf der Uhr.


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